Betrachtungen zum Oeuvre des Malers Yuriy Ivashkevich
Dr. Alfons W. Biermann
Die Landschaften, Stillleben, Staffagen und natürlich die wenigen biblischen Szenen im Werk des aus Weißrussland stammenden Malers Yuriy Ivashkevich zeugen jedes einzelne eo ipso von großer handwerklicher Meisterschaft, tiefer Empfindung und geistiger Durchdringung. In Witebsk, der Geburtsstadt des berühmten Malerkollegen Marc Chagall, hat er seine akademische Grundausbildung erfahren. An der Kunstakademie in Minsk, der Hauptstadt Weißrusslands, studiert und gelehrt, ehe er in Deutschland eine neue Heimat fand. So brachte er mit dem in der ehemaligen Sowjetunion gepflegten soliden Malerhandwerk die besten Grundlagen für eine blendende Karriere als freischaffender Künstler mit sich in seine neue Welt im hessischen Kelkheim bei Frankfurt. Seine Werke gründen zwar noch immer auf der bis heute gepflegte Tradition russisch realistischer Landschafts- wie Genremalerei oder auch der Ikonenmalerei. Doch die Blüte und Entfaltung seiner künstlerischen Persönlichkeit vollzog sich seit seiner Emigration in großen Schrittn durch die Freizügigkeit der Bewegung, die Wahrnehmung neuer Eindrücke und die fortwährende Entwicklung der eigenen Fertigkeiten und Einsichten.
So versteht er die Früchte seiner Stillleben so meisterhaft zu malen wie der berühmte griechische Maler Appelles, Zeitgenosse Alexanders des Großen, dem man nachsagte, dass die Vögel seine Trauben aus den Bildern zu picken versuchten. Ivashkevichs Stilleben vom „Andalusischen Glück“ macht Appetit auf die herzhaften Früchte des Südens, so wie seine Aquarelle von Szenerien spanischer Städtchen in strahlendem Sonnenschein beim Betrachter Fiesta-Gefühle wachrufen:
Man möchte nach den Früchten greifen und in die Straßen seiner kleinen Stadtlandschaften hineinschlendern.
Doch es ist nicht diese künstlerische Virtuosität allein, welche das Faszinosum seiner Arbeiten ausmacht, auf welches Irina Nebishinet bereits im Katalog seiner Stillleben hingewiesen hatte. Vielmehr atmen alle seiner Werke bis heute ein Stück von Weite und Naturnähe, von Realismus und Traum, von Lebensgefühl und Seele russischer Innigkeit und Lebensfreude.
Man empfindet dies ganz besonders angesichts seiner unübersehbaren Zahl an Landschaften, deren Motive und Zeitstellungen ihm zum Ausdruck allgemeingültiger Situation und Wahrnehmung bis zu ganz persönlicher Empfindung dienen. Seine frühen, noch in Witebsk entstandenen Bilder von Dörfern und städtischen Straßenszenen mit geduckten Häusern und Bäumen in pastosem, beinahe expressionistischem Farbauftrag („Am Rande des Dorfes“, 1991) zeigen noch die Bodenständigkeit und Ernsthaftigkeit des suchenden jungen Künstlers. Diese bisweilen schwermütige Formung von Hügeln, Bäumen und Wolken war noch ganz der heimatlichen Umwelt geschuldet. In seinen neueren und jüngsten Arbeiten hat er die Weite und Tiefe der Landschaftsbildung beibehalten, aber die Tages- oder Abendstimmung präzisiert und die symbolistisch bis surreale Bedeutung vertieft („Abendschatten“ oder „Allee der Dichter“).
In seinem Bild „Im Süden Spaniens“ von 2011 gelingt es ihm, die trostlose Weite des dürren Hochlandes eines Don Quichote durch breit gefächerte Ockertöne und Schattierungen sowie zerrissene Wolkenfetzen am stahlblauen Himmel eine Dramatik zu verleihen, wie sie der prallen Lebenslust des spanischen Volkes in der widerborstigen Landschaft entspricht.
In der Serie „Reise des Träumers“ verbindet sich das hintersinnig surreale Naturell, das in Dostojewskis russischen Romanen anklingt, mit der hell-bunten Farbigkeit von Cervantes gnadenlosem Sonnenland, so scheint es. Der Künstler hat in der Freizügigkeit des Westens die Landschaften Frankreichs und des Mittelmeers und ihre Kultur in sich aufgenommen, ohne seine kulturelle Herkunft zu verleugnen. Das ist es, was ihn heute, wie viele Emigranten vor ihm besonders auszeichnet.
So erlebt man in seinen Arbeiten den Wandel vom jungen, in der Tradition aufgewachsenen hochbegabten Talent zum reifen Maler, der den Wechsel in eine völlig neue Welt von künstlerischen, alltäglichen und geografischen Eindrücken heute mit virtuoser Leichtigkeit und lockerer Pinselführung, aber einfühlsamer Hintergründigkeit in sich aufnimmt und beantwortet.
Seit seiner Emigration in den Westen haben vor allem Studienreisen in die mediterrane Welt bei ihm wie schon den Malern des rheinischen Expressionismus um August Macke die Farbpalette rein äußerlich enorm aufgehellt. Seine freien Landschafts- und Stimmungsbilder haben an Weite und Freiheit der Form- und Farbgebung gewonnen.
Entgegen vieler anderer „Macher“ von schneller, oft nichtssagender Eintagskunst unserer Zeit, welche sich als unverstandenes Geheimnis ausgibt, verfügt Yvashkevich in seinem Werk über eine breite Palette von sinnfälligen Stimmungsmalereien. Thematisch den romantisch anmutenden Landschaftsbildern des 19. Jahrhunderts verbunden, sind Bildern wie „Erwachen“, Erwartung“ oder „Abendlicht“ auch Allegorien menschlicher Wahrnehmung der Natur, die in ihren malerischen Mitteln mitten in unserer Gegenwart stehen
Neben den zahllosen Landschaften – zumeist in Öl – und den vielen exquisiten Stilleben – überwiegend als flink hingeworfene Aquarelle – gibt es nach wie vor eine stattliche Zahl religiöser Motive, die ihn seit seinem Studium der Ikonenmalerei beschäftigen.
Gerade an ihnen zeigt sich die Entfaltung des Malers vom folgsamen Bewahrer alter Normen religiöser Inhalte und Malkultur zum offensiven Mittler dieser Werte in die Gesellschaft der Gegenwart. Erinnert seine Grisaille vom „Judaskuss“ noch an stereotype Ikonostasen orthodoxer Bildwelten, so hat er in der bildlichen Auseinandersetzung mit jenseitigen Fragestellungen zum Beispiel in „Erkenntnis“ oder „Der Weg“ weit über die andachtsvolle Beschreibung einer biblischen Begebenheit hinausgefunden. Die schlichte Selbstverständlichkeit orthodoxer Heilsschilderungen ist hier den Fragen des Suchers unserer Tage nach Erkenntnis und Wahrheit gewichen.
Ivashkevich besitzt die künstlerische Fähigkeit und menschliche Persönlichkeit wie seine berühmten russischen Vorläufer Wassily Kandinsky, Marc Chagall und viele andere vor ihm, seinen eigenständigen Weg als Künstler und Lehrer weiter zu gehen.
Es ist ihm und unserer Gesellschaft zu wünschen, dass es ihm gelingt, über die breite Anerkennung seiner Arbeit hinaus immer wieder aufs Neue Wege zu finden, die zur Befruchtung des gegenwärtigen Kunstschaffens führen.
Ohne die Kunst – insbesondere seiner vielfarbigen und hintergründigen Bilder der Natur und des Lebens – wäre unsere Welt ein großes Stück trockener und ärmer.
So versteht er die Früchte seiner Stillleben so meisterhaft zu malen wie der berühmte griechische Maler Appelles, Zeitgenosse Alexanders des Großen, dem man nachsagte, dass die Vögel seine Trauben aus den Bildern zu picken versuchten. Ivashkevichs Stilleben vom „Andalusischen Glück“ macht Appetit auf die herzhaften Früchte des Südens, so wie seine Aquarelle von Szenerien spanischer Städtchen in strahlendem Sonnenschein beim Betrachter Fiesta-Gefühle wachrufen:
Man möchte nach den Früchten greifen und in die Straßen seiner kleinen Stadtlandschaften hineinschlendern.
Doch es ist nicht diese künstlerische Virtuosität allein, welche das Faszinosum seiner Arbeiten ausmacht, auf welches Irina Nebishinet bereits im Katalog seiner Stillleben hingewiesen hatte. Vielmehr atmen alle seiner Werke bis heute ein Stück von Weite und Naturnähe, von Realismus und Traum, von Lebensgefühl und Seele russischer Innigkeit und Lebensfreude.
Man empfindet dies ganz besonders angesichts seiner unübersehbaren Zahl an Landschaften, deren Motive und Zeitstellungen ihm zum Ausdruck allgemeingültiger Situation und Wahrnehmung bis zu ganz persönlicher Empfindung dienen. Seine frühen, noch in Witebsk entstandenen Bilder von Dörfern und städtischen Straßenszenen mit geduckten Häusern und Bäumen in pastosem, beinahe expressionistischem Farbauftrag („Am Rande des Dorfes“, 1991) zeigen noch die Bodenständigkeit und Ernsthaftigkeit des suchenden jungen Künstlers. Diese bisweilen schwermütige Formung von Hügeln, Bäumen und Wolken war noch ganz der heimatlichen Umwelt geschuldet. In seinen neueren und jüngsten Arbeiten hat er die Weite und Tiefe der Landschaftsbildung beibehalten, aber die Tages- oder Abendstimmung präzisiert und die symbolistisch bis surreale Bedeutung vertieft („Abendschatten“ oder „Allee der Dichter“).
In seinem Bild „Im Süden Spaniens“ von 2011 gelingt es ihm, die trostlose Weite des dürren Hochlandes eines Don Quichote durch breit gefächerte Ockertöne und Schattierungen sowie zerrissene Wolkenfetzen am stahlblauen Himmel eine Dramatik zu verleihen, wie sie der prallen Lebenslust des spanischen Volkes in der widerborstigen Landschaft entspricht.
In der Serie „Reise des Träumers“ verbindet sich das hintersinnig surreale Naturell, das in Dostojewskis russischen Romanen anklingt, mit der hell-bunten Farbigkeit von Cervantes gnadenlosem Sonnenland, so scheint es. Der Künstler hat in der Freizügigkeit des Westens die Landschaften Frankreichs und des Mittelmeers und ihre Kultur in sich aufgenommen, ohne seine kulturelle Herkunft zu verleugnen. Das ist es, was ihn heute, wie viele Emigranten vor ihm besonders auszeichnet.
So erlebt man in seinen Arbeiten den Wandel vom jungen, in der Tradition aufgewachsenen hochbegabten Talent zum reifen Maler, der den Wechsel in eine völlig neue Welt von künstlerischen, alltäglichen und geografischen Eindrücken heute mit virtuoser Leichtigkeit und lockerer Pinselführung, aber einfühlsamer Hintergründigkeit in sich aufnimmt und beantwortet.
Seit seiner Emigration in den Westen haben vor allem Studienreisen in die mediterrane Welt bei ihm wie schon den Malern des rheinischen Expressionismus um August Macke die Farbpalette rein äußerlich enorm aufgehellt. Seine freien Landschafts- und Stimmungsbilder haben an Weite und Freiheit der Form- und Farbgebung gewonnen.
Entgegen vieler anderer „Macher“ von schneller, oft nichtssagender Eintagskunst unserer Zeit, welche sich als unverstandenes Geheimnis ausgibt, verfügt Yvashkevich in seinem Werk über eine breite Palette von sinnfälligen Stimmungsmalereien. Thematisch den romantisch anmutenden Landschaftsbildern des 19. Jahrhunderts verbunden, sind Bildern wie „Erwachen“, Erwartung“ oder „Abendlicht“ auch Allegorien menschlicher Wahrnehmung der Natur, die in ihren malerischen Mitteln mitten in unserer Gegenwart stehen
Neben den zahllosen Landschaften – zumeist in Öl – und den vielen exquisiten Stilleben – überwiegend als flink hingeworfene Aquarelle – gibt es nach wie vor eine stattliche Zahl religiöser Motive, die ihn seit seinem Studium der Ikonenmalerei beschäftigen.
Gerade an ihnen zeigt sich die Entfaltung des Malers vom folgsamen Bewahrer alter Normen religiöser Inhalte und Malkultur zum offensiven Mittler dieser Werte in die Gesellschaft der Gegenwart. Erinnert seine Grisaille vom „Judaskuss“ noch an stereotype Ikonostasen orthodoxer Bildwelten, so hat er in der bildlichen Auseinandersetzung mit jenseitigen Fragestellungen zum Beispiel in „Erkenntnis“ oder „Der Weg“ weit über die andachtsvolle Beschreibung einer biblischen Begebenheit hinausgefunden. Die schlichte Selbstverständlichkeit orthodoxer Heilsschilderungen ist hier den Fragen des Suchers unserer Tage nach Erkenntnis und Wahrheit gewichen.
Ivashkevich besitzt die künstlerische Fähigkeit und menschliche Persönlichkeit wie seine berühmten russischen Vorläufer Wassily Kandinsky, Marc Chagall und viele andere vor ihm, seinen eigenständigen Weg als Künstler und Lehrer weiter zu gehen.
Es ist ihm und unserer Gesellschaft zu wünschen, dass es ihm gelingt, über die breite Anerkennung seiner Arbeit hinaus immer wieder aufs Neue Wege zu finden, die zur Befruchtung des gegenwärtigen Kunstschaffens führen.
Ohne die Kunst – insbesondere seiner vielfarbigen und hintergründigen Bilder der Natur und des Lebens – wäre unsere Welt ein großes Stück trockener und ärmer.